Nachbericht: Online Vortrag zum anlagebedingten Haarausfall
7. November 2007 - Dr. Uwe Schwichtenberg
Die Entstehung und Behandlung des anlagebedingten Haarausfalls (androgenetische Alopezie) war Thema eines einstündigen Online Vortrages am 31. Oktober 2007 auf dem Ärzteportal Univadis.de. Fr. Dr. Natalie Garcia Bartels, stellvertretende Leiterin des Kompetenzzentrums für Haarerkrankungen am Universitätsklinikum Charité in Berlin (www.hairberlin.com), berichtete über aktuelle Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung und aus der Praxis.
Die androgenetische Alopezie (AGA) ist die weitaus häufigste Form von Haarausfall bei Frauen und Männern. Ihr Vorkommen wird bis zum 80. Lebensjahr auf ca. 30% bei Frauen und auf ca. 80 % bei Männern geschätzt, berichtete die Dermatologin. Die Entwicklung der AGA werde durch eine Kombination von genetischer Prägung und der individuellen Hormonproduktion und Empfindlichkeit der Kopfhaare bestimmt. Der exakte Mechanismus, über den die männlichen Geschlechtshormone (Androgene) ihre Wirkung auf den Haarwachstumszyklus an den verschiedenen Körperstellen ausübten, sei noch nicht hinreichend bekannt. „Möglicherweise beeinflusst die Verteilung des Androgenrezeptors und der die Androgene verarbeitenden Enzyme (v.a. die 5α-Reduktase Typ I und II) in den verschiedenen Abschnitten der Kopfhaut die Ausprägung und den Schweregrad des anlagebedingten Haarausfalls“ vermutete Fr. Dr. Garcia Bartels
Haarfollikel am Vorderkopf (Frontalregion) bei Männern besäßen 30% mehr Androgenrezeptoren (AR) als der Bereich am Hinterkopf (Occipitalregion). Frauen hätten insgesamt ca. 40% weniger AR als Männer (bei gleicher frontal – occipitaler Verteilung), weshalb bei Frauen seltener eine stark ausgeprägte Glatze zu beobachten sei. Haarfollikel in der Frontalregion zeigten darüber hinaus bei Frauen 40% und bei Männern 60% mehr Vorkommen des Enzyms 5-alpha-Reduktase. Die Die Androgene hätten auch auf die Dicke und die Struktur der Haare Einfluss, was erst 2004 in einer Studie gezeigt werden konnte.
Für die Diagnosestellung des anlagebedingten Haarausfalls ist vor allem das typische Haarlichtungsmuster entscheidend. Hormonuntersuchungen sind normalerweise nicht erforderlich. Wichtig sei es jedoch, so Dr. Garcia Bartels, bei Frauen auf Zeichen erhöhter männlicher Geschlechtshormone im Blut (Hyperandrogenämie) zu achten. Hinweiszeichen einer Hyperandrogenämie bei anlagebedingtem Haarausfall könnten sein: Akne, fettige Haut, Störungen der Regelblutung, Übergewicht sowie eine Verteilung von Körperhaaren nach dem männlichen Muster (Hirsutismus). Lägen mehrere dieser Zeichen vor, seien Hormonuntersuchungen in Zusammenarbeit mit dem Gynäkologen unbedingt erforderlich.
Für die Behandlung der androgenetischen Alopezie bei der Frau können entsprechend der Ausführungen von Dr. Garcia Bartels aktuell örtliche Tinkturen mit Minoxidil 2%ge Lösung oder Östradiol, beim Mann entsprechend Minoxidil 5% Lösung oder Finasterid Tabletten verwendet werden. Der Erfolg einer Therapie könne jedoch frühestens 3 - 6 Monate nach Beginn der Anwendung beurteilt werden, da der zyklische Verlauf und die niedrige Geschwindigkeit des Haarwachstums erst dann eine sichtbare Änderung der nachwachsenden Haare erkennen ließen. „Therapien“ wie die Einspritzung des Nervengiftes Botulinumtoxin in die Kopfhaut machten jedoch keinen Sinn. Das häufig propagierte „Stress der Kopfhaut“ Konzept sei nicht nachvollziehbar. Ebenso gäbe es für z.B. Coffeinpräparate und andere Substanzen keine vernünftigen Wirksamkeitsnachweise.
Gegen Ende des Vortrages betonte die Referentin, dass Schuppenbildung und fettige Kopfhaut in einigen Fällen zusammen mit der AGA auftreten könnten. Deren Mitbehandlung sei wichtig, da die damit verbundene unterschwellige Entzündung der Kopfhaut als verschlechternder Kofaktor des Haarausfalls wirken könne.
2007 | |
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