Stand der Forschung für stammzellbasierte Therapien bei Haarausfall
22. April 2024 - Dr. A. Finner, Dr. U. Schwichtenberg
Mit der Entwicklung der regenerativen Medizin haben stammzellbasierte Therapien auch als potenzielle neue Behandlungsansätze für Haarausfall Aufmerksamkeit erlangt. Sie reaktivieren Stammzellen der Haarfollikel und fördern so das Wachstum, die Regeneration und Entwicklung der Haarfollikel. In einer Übersichtsarbeit wurden Ende 2023 die Methoden, die Wirksamkeit und der klinische Fortschritt von Stammzelltherapien für die AGA zusammengefasst. Die potentielle Stammzelltherapie für die häufigste Ursache von Haarausfall, die Androgenetische Alopezie (AGA), umfasst im wesentlichen die 3 Bereiche Stammzelltransplantationen, stammzellabgeleitetes konditioniertes Medium (CM) und stammzellabgeleitete Exosomen (EV). Obwohl diese stammzellbasierten Behandlungen gegen Haarausfall in präklinischen und klinischen Phasen positive Ergebnisse gezeigt haben, weist jede dieser Therapien ihre eigenen Einschränkungen auf.
Stammzelltransplantationen
Stammzellen sind eine eine relativ primitive Klasse von sich selbst replizierenden, undifferenzierten Zellen, die sich unter bestimmten Bedingungen in Zellen mit mehreren Funktionen entwickeln können. Mittels einer Stammzellentransplantation können beschädigte Organe und Gewebe repariert und erneuert werden, die Selbstheilung aktiviert und die Immunität verbessert werden. Stammzellen für den medizinischen Einsatz können vor allem aus Fettgewebe, Knochenmark, Haarfollikeln und Nabelschnüren gewonnen werden. So werden in Studien für Haarausfall z.B. Stammzellen aus den Blutgefäßen von Fettgewebe eingesetzt. Da Stammzelltransplantationen jedoch teuer sind und Tumorwachstum bedingen können sind, könnten die beiden anderen Verfahren CM und EV wirtschaftlicher und sicherer zur Behandlung von Haarausfall sein, obwohl auch sie ihre eigenen Einschränkungen haben.
Stammzellabgeleitetes Konditionierte Medium (CM)
Stammzellabgeleitetes Konditionierte Medium (CM) ist reich an Wachstumsfaktoren, Zytokinen und nützlichen Proteinen. Mehrere Studien im Reagenzglas und am Menschen lassen die Sicherheit und Wirksamkeit des CM bei der Behandlung von AGA vermuten. CM hat aufgrund seiner einfachen Sammlung und bequemen Transportmöglichkeit Aussicht auf einen breiten Einsatz in der regenerativen Medizin. Aufgrund der zellfreien Natur von CM ist es sicherer und immunologisch verträglicher als die Transplantation von Stammzellen, jedoch ist die Isolierung von zusammensetzungsgleichen CM noch immer eine Herausforderung.
Stammzellabgeleitete Exosome (extrazelluläre Vesikel, EV)
Stammzellabgeleitete Exosome (extrazelluläre Vesikel, EV) sind kleine Partikel mit einem Durchmesser von 30–1000 nm, die DNA, RNA und Proteine enthalten. EVs verbessern die Geweberegeneration, beteiligen sich an der Immunregulation und können als Träger für therapeutische Wirkstoffe dienen. Die Verwendung von EVs zur Behandlung von Haarausfall und anderen Erkrankungen hat allerdings ihre eigenen Herausforderungen, wie zum Beispiel geeignete Zellquellen für die Produktion von EVs auszuwählen und zu charakterisieren. Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die Methoden und die Bedingungen der Zellkultur, da sie sich auf den EV-Ertrag und die Stabilität auswirken. Darüber hinaus fehlt es an Standardisierung bei der Isolation und Lagerung von Exosomen.
Ausblick für die Zukunft
Bisher gibt es keine in großen Studien nachgewiesene Anwendungen. Obwohl die Ergebnisse vielversprechend sind, sind doppelblinde kontrollierte klinische Studien erforderlich, um den genauen Mechanismus, das therapeutische Potenzial und die Sicherheit der stammzellbasierten Haarausfallbehandlung weiter zu bewerten. Die rasche Entwicklung der regenerativen Medizin liefert neue Ideen und Richtungen für die Behandlung von AGA. Verfügbare experimentelle Studien haben bereits gezeigt, dass sowohl Stammzellen als auch stammzellbasierte nichtzelluläre Therapien die Haarregeneration fördern und Haarausfall verhindern können.
Richtig interessant für Betroffene wird der Bereich der Stammzelltherapie aber erst dann werden, wenn entsprechende Methoden auch jenseits von Studien allgemein verfügbar, bezahlbar und langfristig wirksam sind. Wer tiefer in das Thema eintauchen möchte und sich von der englischen Fachsprache nicht abschrecken lässt, findet die Originalpublikation inklusive der Grafiken unter diesem Link: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC10390634/
Dr. Andreas Finner, www.trichomed.com
Dr. Uwe Schwichtenberg, www.Derma-Nord.de
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