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Diffuser Haarausfall nach starker Schädigung der Haare

Dystrophische Haare sind in der Wachstumsphase des Haarzyklus (Anagenphase) stark geschädigte Haare, welche unter dem Mikroskop unter Anderem an ihrem spitz zulaufenden Ende zu erkennen sind. In unserer Rubrik Grundlagen ist im Abschnitt Haarwurzelformen eine Abbildung eines solchen Haares enthalten. Sind im Trichogramm der prozentuale Anteil an dystrophischen Haaren erhöht, kommen vor allem zwei Krankheitsbilder in Betracht:

Zum einen sind bei rasch fortschreitendem kreisrunden Haarausfall (Alopecia areata) häufig dystrophische Haare im Randbereich der betroffenen Kopfhautstellen zu finden. Die Alopecia areata kann seltener auch in diffuser, nicht kreisrunder Form auftreten.

Weiterhin können akute Schädigungen der Haarmatrix zu einem den gesamten Bereich der Kopfhaut betreffenden vermehrten Haarverlust führen, dem sogenannten symptomatischen diffusen Effluvium vom anagen-dystrophischen Typ. Paradebeispiele für Ursachen eines dystrophischen Haarausfalles sind der Haarverlust durch Zytostatika nach oder während einer Chemotherapie (Abbildung 1), nach einer Bestrahlungsbehandlung bei Krebsleiden oder als Folge einer Vergiftung zum Beispiel mit Thallium. Aber auch innere Erkrankungen oder hochfieberhafte Infekte durch Bakterien oder Viren sowie die Einnahme von Medikamenten können zur Ausbildung von dystrophischen Haaren führen. Anti-Baby-Pillen verursachen im Allgemeinen jedoch keinen Haarausfall mit dystrophischen Haaren.

Abbildung 1: Haarverlust nach Chemotherapie

Aus "Hauptsache Haar" von Ralph M. Trüeb und Doris Lier mit freundlicher Genehmigung des Rüffer&Rub Verlages, Zürich. 304 Seiten, ISBN 3-907625-13-7

Die genannten Ursachen können jedoch auch Auslöser eines diffusen vermehrten Haarverlustes mit erhöhtem prozentualen Anteil von Haaren in der Ruhephase (Telogenphase) sein, dem symptomatischen diffusen Effluvium vom telogenen Typ. Der Unterschied liegt hier in der Art der Schädigung der Haare: Akute und sehr starke Schädigungen können das Haarwachstum in der Anagenphase so stark beeinflussen, dass die Haare letztendlich im Follikelkanal abbrechen und als dystrophische Haare im Trichogramm gefunden werden. Dies ist zumeist ein bis zwei Wochen nach Einwirkung des schädigenden Ereignisses der Fall. Tritt ein Auslöser in eher weniger starkem aber eventuell anhaltendem Ausmaß auf, kann es zu einer Verkürzung der Anagenphase und somit zu verstärktem Auftreten von Telogenhaaren kommen. Hier liegt der eigentliche Auslöser oder der Beginn der schädigenden Einflüsse meist 2-3 Monate zurück.

Das Auftreten von dystrophischen Haaren oder Telogenhaaren sagt also alleine nichts über die Art der zugrundeliegenden Ursache aus, sondern eher über dessen Intensität. Ergeben sich aus dem klinischen Bild des Haarverlustes Hinweise auf einen anlagebedingten Haarausfall oder eine Alopecia areata, kann der Trichogrammbefund dementsprechend interpretiert werden. Bei Vorliegen eines diffusen, also den gesamten behaarten Kopf betreffenden Haarverlustes, ist der behandelnde Arzt hingegen insbesondere auf die Befragung des Patienten und gegebenenfalls weitere Untersuchungen wie zum Beispiel Blutproben angewiesen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass beim symptomatischen diffusen Effluvium auch Mischformen mit Auftreten erhöhter prozentualer Anteile von dystrophischen Haaren und Telogenhaaren vorkommen können. Hier ist der Auslöser vereinfacht gesagt zu schwach für ein reines dystrophisches Effluvium und zu stark für ein alleiniges Telogenmuster. Natürlich können die genannten Formen des Haarausfalls auch zusammen auftreten, wie zum Beispiel ein diffuses symptomatisches Effluvium mit einem anlagebedingten Haarausfall.

Aber sind alle dystrophischen Haare auch wirklich Ausdruck einer Schädigung der Haare? Prof. Dr. H. Wolf hatte im Expertenrat von Haarerkrankungen.de darauf hingewiesen, dass einige Untersucher wurzelscheidenlose Anagenhaare im Trichogramm als dystrophische Haare werten. In Wirklichkeit handele es sich aber um oft völlig gesunde, wachsende Anagenhaare, bei denen beim Herausziehen nicht wie sonst die innere Wurzelscheide am Haarschaft hängen geblieben sei. Sind also auch bei intensivem Nachforschen keine Hinweise auf schädigende Ereignisse zu finden, sollte die Trichogramm-Untersuchung gegebenenfalls wiederholt werden.

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