Haarerkrankungen.de

sie sind hier: startseite / expertenrat

Expertenrat zum anlagebedingten Haarausfall des Mannes

Zurück zum Forum
Thema: Finasterid bei Kinderwunsch
2012-09-15
Autor:
Ines77
Sehr geehrte Damen und Herren,

eine kurze Frage zu Finasterid, mit der ich hoffentlich hier richtig bin:
Mein Mann und ich wünschen uns ein zweites Kind. Seit einem Jahr nimmt mein Mann Finasterid 1 mg ein. Mir ist bekannt, dass man nach eingetretner Schwangerschaft sicherheitshalber nicht mehr mit Wirkstoff/Spermium in Kontakt kommen sollte. Nun habe ich aber von Studien gehört (z.B. Liu et al 2008), denen zufolge das Spermiogramm unter Finasterid verändert sein kann.

Nun meine Frage: Inwiefern? Nur bzgl. Zeugungsfähigkeit, oder kann es auch zu vermehrten Fehlgeburten und/oder Behinderungen kommen? Und wann sollte Mann dann Finasterid absetzen, sprich wie lange bevor man "aktiv" wird bzgl. Kinderwunsch, um Gefahren auszuschließen? Also: Wie lange braucht der Körper, um den Wirkstoff wieder abzubauen, sodass die Spermien nicht mehr beeinflusst sind?

Herzlichen Dank und viele Grüße!
Prof. Dr. Hans Wolff

Experte
Beiträge:187
2012-09-16

Sehr geehrte Ines 77,


Propecia ist eine Tablette zur Behandlung des androgenetischen (hormonellen, erblichen) Haarausfalls des Mannes, einmal täglich einzunehmen.

Propecia hemmt selektiv das Enzym 5a-Reduktase Typ II und somit die Umwandlung von Testosteron (Männliches Geschlechtshormon) zu DHT (Dihydrotestosteron). DHT ist neben der erblichen Veranlagung hauptverantwortlich für den androgenetischen Haarausfall. Durch die Hemmung des Enzyms wird der Spiegel von DHT im Serum (Blut) um etwa 70 % gesenkt. In zahlreichen Studien konnte auch ein minimaler Anstieg von Testosteron gemessen werden, die Werte blieben jedoch alle im Normbereich.

Ebenso wurde in mehreren Studien an Propecia-nehmenden Männern Untersuchungen des Spermas vorgenommen. Die Zahl der Spermien, deren Beweglichkeit und Form hat sich unter Propecia-Einnahme nicht verändert.

Im Rahmen der Studien an über 1.500 Männern (die eine Hälfte bekam Propecia, die andere Hälfte bekam Plazebo - eine unwirksame Substanz) wurde nach Beeinflussung der Libido (Verlangen nach Sexualität), nach Veränderung des Samenvolumens und nach Potenzproblemen gefragt. Unter 2 % aller Männer (also auch der Plazebo-Probanden) gaben eine Abnahme der Libido, des Samenvolumens (das Samenvolumen hat hier nichts mit der Qualität der Spermien zu tun) und Potenzprobleme an. Der Unterschied zwischen den Männern die Plazebo und Propecia eingenommen haben, war statistisch nicht signifikant, also unbedeutend.


Das Ejakulatvolumen geht bei den meisten Behandelten um etwa 10-20% zurück (also z.B. von 4,0 ml auf 3,2 ml). Dies hat jedoch keinen Einfluss auf die Zeugungsfähigkeit (Fertilität), da es dabei nicht auf das Volumen des Prostatasekretes ankommt, sondern auf die Zahl, Morphologie und vor allem die Beweglichkeit der Spermien. Alle dieser Faktoren werden durch Propecia nicht verändert. Dies wurde in verschiedenen Studien gezeigt, zuletzt 1999 an 181 Männern durch Overstreet et al. (Chronic treatment with finasteride daily does not affect spermatogenesis or semen production in young men. J Urol, 162:1295-1300).


Die Untersuchungen zu den Finasterid-Konzentrationen wurden an Menschen gemacht. Dabei zeigte sich, dass die maximal gemessene Finasterid-Konzentration im Ejakulat 1,5 Nanogramm pro Milliliter betrug. Erste messbare Veränderungen des DHT-Spiegels treten aber erst bei einer Finasterid-Menge von 5.000 Nanogramm auf. Dies bedeutet, dass es selbst bei optimaler Resorption erst ab 3 Liter Ejakulat-Kontakt täglich theoretisch zu ersten messbaren Veränderungen des weiblichen DHT-Spiegels kommen kann.

Finasterid 1 mg wird von weit mehr als 2 Millionen Männern weltweit eingenommen, ohne dass es jemals zu ernsten Nebenwirkungen gekommen wäre. Genitalfehlbildungen von männlichen Babys sind nicht zu erwarten, wenn das Mittel vom Vater eingenommen wird.

Daher besteht auch keine Notwendigkeit, bei Kinderwunsch Propecia abzusetzen. Auch wenn die Frau schwanger ist, kann das Finasterid im Ejakulat des Mannes das Kind nicht gefährden.

Wenn Propecia aber trotzdem aus psychologischen Gründen während der Schwangerschaft abgesetzt wird, wird es sicher nicht innerhalb von 6-9 Monaten zu irreversiblem Haarausfall kommen. Eine therapeutische Alternative zu Propecia wäre in der Schwangerschaft der Ehefrau die 5%ige Minoxidillösung (Regaine).

Treten jedoch unter Propecia Einnahme entsprechende Beschwerden auf, so lassen diese meist trotz fortgeführter Therapie nach.

Sämtliche Nebenwirkungen sind nach Absetzen von Propecia vollständig reversibel.

Ein ungünstiger Einfluss auf die Fruchtbarkeit oder auf eine bestehende Schwangerschaft der Partnerin ist nicht zu befürchten.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Wolff

BC Support-Forum
v2.1 © 2022

Die Inhalte von Haarerkrankungen.de können und sollen keinen Arztbesuch ersetzen und stellen keine Anleitung zur Selbstmedikation oder Selbstdiagnose dar. Die Informationen dieser Webseiten inklusive der Expertenräte sollen zur Erlangung zusätzlicher Informationen zu einer bereits gestellten Diagnose oder zur Vorbereitung eines Arztbesuches dienen. Empfehlungen hinsichtlich Diagnoseverfahren, Therapieformen, Medikamenten oder anderer Produkte werden nicht gegeben.
Bitte lesen Sie hierzu die Nutzungsbedingungen mit Haftungsausschluss. und beachten Sie unsere Datenschutzerklärung
© 2023 medical project design GmbH - Impressum