Haarforschung aktuell: Kongressbericht EHRS Meeting 2012, Teil 1
3. Dezember 2012 - Dr. Andreas Finner
Die 16. Tagung der Europäischen Haarforschungsgesellschaft Research Society (EHRS) fand 2012 in Barcelona, Spanien, vom 21-23 Juni statt. Drei Tage lang präsentierten 380 Wissenschaftler und Kliniker aus 32 Ländern ihre neuesten Forschungsergebnisse. Die Vorträge und Poster umfassten die neuesten wissenschaftlichen Daten im Bereich der Trichologie (Haarbiologie) und erörterten neue Aspekte der Diagnose und Behandlung von Haarerkrankungen.
Themen waren unter anderem diagnostische Verfahren bei verschiedenen Haar-Erkrankungen, Mechanismen der Haaralterung und des Ergrauens, Stammzellen und molekulare Signalwege für das Haarwachstum, hormonelle Regulation und Hirsutismus, Genforschung, medizinische Behandlung, Kopfhaut- Dermatosen und Haarverpflanzung.
Vorträge umfassten alle Aspekte der Trichologie
Prof. Antonella Tosti und Prof. Lidia Rudnicka betonten die Nützlichkeit der Trichoskopie mit dem Auflichtmikroskop in der Früherkennung von androgenetischer Alopezie, Alopecia areata und vernarbendem Haarausfall. Dieses einfache Werkzeug kann sehr hilfreich sein, Haarstörungen schnell und schmerzlos zu diagnostizieren.
Der genetische Hintergrund der Haarbiologie wurde in vielen Sitzungen während der Konferenz beleuchtet. Prof. Angela Christiano von der Columbia University präsentierte neueste Forschungsergebnisse über die genetische Basis von verschiedenen angeborenen und anderen Haarerkrankungen. Immer mehr Gene werden lokalisiert und ihre Funktion analysiert. Einige Gene, die sehr aktiv sind bei Alopecia areata, sind auch hochreguliert in anderen Autoimmun-Erkrankungen wie Diabetes und rheumatische Arthritis. Die beteiligten Stoffwechselwege könnten möglicherweise durch gezielte Moleküle blockiert bzw. bestimmte Signale verändert werden.
Der John-Ebling-Ehrenvortrag wurde auch von Angela Christiano gehalten. Sie informierte uns über zwei vielversprechende Medikamente bei der Behandlung von Alopecia areata, welche demnächst in klinischen Studien untersucht werden. Das erste, Abatacept, ist ein CTLA-4 lösliches Protein, welches sich bereits in Studien für rheumatoide Arthritis, Schuppenflechte sowie Typ-I-Diabetes befindet. Es wirkt durch Hemmung der CD80 T-Zell-Aktivierung und kann subkutan (unter die Haut) gespritzt werden. Der zweite Wirkstoff, Tofacitinib, wird auch für Rheumatoide Arthritis, Psoriasis, entzündliche Darmerkrankungen und als Anti-Abstoßungs Medikament nach Organtransplantationen untersucht. Es ist ein Hemmstoff des Enzyms JAK3, welches die Übertragung von extrazellulären Informationen in den Zellkern und die DNA- Ablesung beeinflusst.
Stammzellenforschung und molekulare Signalwege bleiben ein heißes Thema bei wissenschaftlichen Kongressen. Dr. Claire Higgins von Angela Christianos Labor an der Columbia University sprach über die induktiven Eigenschaften der menschlichen Haarpapillen- (DP)-Zellen. Nach dem Isolieren der DP-Zellen aus menschlichen Haarfollikeln wurden die menschlichen DP-Zellen in Kulturen kultiviert, um ihr induktives Potential zu erhalten. Dann wurden die Papillen auf die Rückenhaut von Mäusen verpflanzt. Eine Neubildung menschlicher Haarfollikel konnte nach 6 Wochen beobachtet werden.
Die Gruppe von Trisia Breitkopf und Jerry Shapiro fand heraus, dass der Botenstoff Somatostatin in den Haarfollikeln hochreguliert wird und eine Rolle in ihrem Immunprivileg spielt. Diese Erkenntnis könnte bei der Behandlung von entzündlichen Haarerkrankungen und sogar bei der Haartransplantation wichtig werden.
Teil 2 des Berichtes folgt am 10. Dezember 2012
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