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Macht euer Ding und verbiegt euch nicht
4. November 2006 - Dr. Jens Meyer

Haarausfall, egal welcher Art, bedeutet für die Betroffenen oft einen gravierenden Einschnitt in das Selbstwertgefühl und damit auch in den Alltag überhaupt. Viele Besucher dieser Website kennen dieses Problem, eventuell schon seit Jahren. Mal kann keine eindeutige Diagnose gestellt werden, es gibt keine wirksame Behandlung, oder die Medikamente entsprechen in Ihrer Wirkung nicht den zumeist hochgesteckten Erwartungen. Trozdem gibt es auch viele Personen, die ihren ganz eigenen Weg finden, mit dem Haarausfall erfolgreich umzugehen. Sei es durch eine Therapie, eine innere Neuausrichtung, oder auch beides zusammen. Björn Meyer ist einer von ihnen. Seit über 10 Jahren hat er so gut wie keine Haare mehr am gesamten Körper. In einem Interview mit Haarerkrankungen.de berichtet er über seine Erfahrungen in den Jahren und die Veränderungen in seinem Leben.

Björn Meyer 1993
Björn Meyer im Jahre 1993

Björn Meyer 2005
Björn Meyer im Jahre 2005

Herr Meyer, Sie haben vor vielen Jahren alle Ihre Haare durch eine Alopecia areata universalis verloren. Seit über 5 Jahren sind Sie auch als Webmaster für das Haarportal Haarerkrankungen.de tätig. War das Zufall, oder haben Sie diesen Job gerade wegen Ihres Haarverlustes angenommen?

Nein, das war Zufall. Sicherlich habe ich dadurch einen anderen Hintergrund bei der Betreuung der Website als jemand, der mit seinen Haaren keine "Probleme" hat, aber letztlich macht es in meiner Arbeit keinen Unterschied.

Wie war das damals? In welchem Zeitraum haben Sie Ihre Haare verloren, und sind Sie dann zunächst auch von Arzt zu Arzt gerannt?

Bis zum Sommer 1994 hatte ich noch richtig lange Haare. Dann habe ich unterm Kinn eine haarlose Stelle in meinem Bartwuchs bemerkt, etwa so groß wie eine Fingerkuppe. Da der Hausarzt meinte, das wachse wohl wieder zu, habe ich mir keine weiteren Gedanken gemacht. Bis meine Freundin auch an meinem Hinterkopf haarlose Areale gefunden hat. Dann ging natürlich die Odyssee los - Kortison brachte nicht den gewünschten Erfolg. Bei der UV-Bestrahlung hatte ich am ehesten das Gefühl, dass sie im Sinne der Therapie was bewirkt hätte, hätte meine Kopfhaut nicht durch die Bestrahlung so einen üblen "Sonnenbrand" bekommen. Ein Heilpraktiker hat zwar sehr interessante Versuche mit mir gemacht, aber von Erfolg war das alles auch nicht gekrönt. Schließlich brachte der von einer Hautklinik vorgeschlagene Therapie-Versuch mit Dapson außer Nebenwirkungen und regelmäßigen Blutkontrollen nichts ein, so dass ich beschloss, sowohl auf die Einnahme von Medikamenten, die meiner Gesundheit eher schadeten, als auch auf meine langen Haare zu verzichten.

Am Morgen der Hochzeit meiner Schwester hab ich mir eine Glatze rasiert - also etwa fünf Monate nach Beginn des Haarausfalls.

Welche Auswirkungen hatte der Haarverlust auf Ihr Privat- und Berufsleben?

Natürlich war ich selbst zunächst sehr niedergeschlagen. Immerhin war ich stolz auf meine langen Haare. Meine Freundin, meine Familie und meine Freunde haben aber zu mir gehalten, von daher gab es im Privatleben keine Probleme. Im Berufsleben schon gar nicht, da ich zu dem Zeitpunkt noch Student war. Bei meiner ersten Festanstellung wurde ich im Bewerbungsgespräch zwar auf meine "Frisur" angesprochen, angestellt wurde ich dennoch. Und seit knapp zehn Jahren bin ich selbstständig - da weiß mein Chef natürlich bestens Bescheid.

Oft verlaufen Begegnungen mit Fremden eher lustig (oder zumindest sehe ich das so). Mal werde ich vorsichtig und um viele Ecken lavierend gefragt, ob ich eine Chemotherapie machen würde. Kleine Kinder rufen mal "Du hast ja gar keine Haare", worauf ich meistens mit ungläubigem Staunen antworte: "Was? Echt? Hast du mir die geklaut?" Und schon mache ich mit den Kindern Blödsinn. Wenn ich nur misstrauisch beäugt werde, als wäre ich ein Außerirdischer, dann verteil ich auch mal "böse Blicke". Ich gehe also offensiv damit um, binde es aber auch nicht jedem auf die Nase.

Außerdem denke ich, dass ich mit Glatze ganz gut aussehe. Viele, die mich mit Mähne schon kannten, sind auch der Meinung, dass mir diese Frisur besser stehe. Ohnehin ist fraglich, ob ich heute noch lange Haare hätte - meine Geheimratsecken waren vor elf Jahren schon ganz gut sichtbar. Sicherlich hätte ich heute eine Kurzhaarfrisur. So hab ich eben eine Extrem-Kurzhaarfrisur.

Gab es einen bestimmten Punkt, an dem sie beschlossen haben: "So, ich finde mich jetzt damit ab und mache mein eigenes Ding?"

Ja - wie bereits schon erwähnt, war der Dapson-Versuch der Auslöser dafür, dass ich mit Heilversuchen aufgehört habe. Statt meine Gesundheit zu ruinieren, habe ich lieber auf meine Haare verzichtet.

Klar hätte ich nichts dagegen, wenn meine Haare freiwillig wiederkämen (und tatsächlich ist es auch so, dass mir einige hundert Haare auf dem Kopf wachsen, nur sind die ganz fein und werden selten länger als 4 bis 5 mm), aber ich werde keine seltsamen Pillen mehr dafür schlucken.

Sie sind mittlerweile mehrere Jahre selbstständig tätig, sind Familienvater und haben zwei Kinder. Wäre Ihr Leben mit Haaren anders verlaufen?

Ein klares Nein. Ich habe mich nie versteckt oder auf etwas verzichtet, nur weil ich keine Haare mehr hatte.

Das einzige, was wirklich anders wäre: Mir würden beim Fahrradfahren wohl nicht so häufig Insekten in die Augen oder gar die Nase fliegen, hätte ich noch Wimpern oder Haare in der Nase. Ach ja - und ich verzichte eindeutig auf Friseurbesuche.

Der "ultimative Kurzhaarschnitt" war für Sie als Rockmusiker mit "langer Mähne" definitiv nicht die Idealvorstellung. Welchen Tipp würden Sie Betroffenen geben, die in einer ähnlichen Situation stecken, wie Sie damals?

Macht einfach weiter euer Ding. Definiert euch nicht über das Äußere. Wenn ihr wisst, wer ihr seid, dann braucht ihr auch keine Haare.

Sicherlich ist das für Männer etwas einfacher als für Frauen, oder?

Ja, das ist leider wahr. Ein Mann mit Glatze ist "normal". Aber letztlich ist es auch bei Frauen der gleiche Ratschlag: Definiert euch nicht über das Äußere. Dieser ganzer Wahn mit Schönheitsidealen pervertiert meiner Meinung nach gerade die Rolle der Haare: An allen Stellen, an denen Haare wachsen, wird gezupft, rasiert, gewachst und gelasert, damit die Beine glatt, die Brauen geformt und die Achseln haarfrei sind, selbst die Schambehaarung muss dran glauben - nur oben auf dem Kopf, da sollen die Haare wachsen wie gedüngter Rasen.

Also wiederhole ich mich: Macht euer Ding und verbiegt euch nicht.

Herr Meyer, vielen Dank für das Gespräch und Ihre Offenheit.

Gehören Sie auch zu den Personen, deren Leben durch Haarausfall stark beeinträchtig wurde? Sie haben es aber sozusagen "geschafft", damit umzugehen? Dann schreiben Sie uns Ihre eigene Geschichte zur Veröffentlichung auf Haarerkrankungen.de - gerne auch anonym. Egal, um welche Art von Haarausfall es sich handelt. So können andere Betroffene von Ihren Erfahrungen profitieren. Schicken Sie hierzu einfach eine Mail an haarausfall@haarerkrankungen.de
(Hinweis: Als Erfolgsgeschichte getarnte Produktwerbungen werden nicht veröffentlicht).

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